Chancen

Ich nahm seine Hand und stand vorsichtig auf. Natürlich tat es weh. Aber ich versuchte, es so wenig wie möglich zu zeigen. Er hatte bereits mehr als genug für mich getan. "Ja, geht so", log ich, verlagerte das Gewicht aber dennoch auf meinen gesunden Fuß.
"Tja, ich schätze, ich bin nicht ganz so voreingenommen, wie die ganzen engstirnigen Leute, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben. Ich kenne die Welt da draußen und weiß, dass nicht jeder automatisch schlecht ist, nur weil er einen Fehler gemacht hat. Außerdem habe ich selbst genug begangen, um zu wissen, dass jeder eine zweite Chance will." Ich dachte an die Zeit, in der ich so viele unnötige Dummheiten mit meiner Freundin Lilly gemacht hatte, die ich jetzt bereute. "Außerdem kann ich einfach niemandem lange böse sein, oder ihn für irgendwas verurteilen, womit ich nichts zu tun habe, nur weil es jemand anderes sagt." Ich hielt mich immer noch an ihm fest, da ich immer noch befürchtete, umzufallen.

pp: Mystic Falls - Haus der Salvatores - Badezimmer

Katie nahm meine Hand wie erwartet entgegen und versuchte aufzustehen. Obwohl sie versuchte tapfer zu wirken sah ich dennoch, dass sie Schmerzen hatte und sie verlagerte ihr Gewicht eher auf ihr gesundes Bein. Als hielt ich sie nun nicht nur an einer Hand fest, sondern legte mir einen ihrer Arme um die Schultern, während mein eigener Arm sich um ihren Oberkörper legte um zu verhindern, dass sie hinfallen könnte.
"Nur ist da noch die Frage, ob jeder diese zweite Chance bekommt.", erwiderte ich auf ihre Antwort eher etwas nachdenklich. Dann sah ich zu meinem Bett hinüber wo ich kurz etwas aufblitzen sah. Ich sah genauer hin und erkannte eine Kette und einen Zettel. Warum ist mir das nicht vorher aufgefallen?, schoss es mir durch den Kopf.
"Moment.", sagte ich an Katie gewandt und lenkte sie wieder zum Sessel. Als sie wieder saß ging ich zu meinem Bett hinüber und hob den Zettel und die Kette auf. Es war von Katherine.
Es tut mir leid..., war das einzige was auf dem Zettel zu lesen war. Behutsam nahm ich die Kette die in die Hand. An ihr hing ein Medalion. Langsam und mir einem Kloß im Hals öffnete ich es. Darin war ein Bild von uns beiden zu sehen. Ein Bild aus Zeiten in denen wir noch glücklich miteinander waren. Sofort überhäuften mich wieder Gedanken an sie und es trieb mir die Tränen in die Augen. Meine leere Hand verlrampfte sich erneut zu einer Faust, so wie sie es schon im Grill getan hatte nachdem Katherine gegangen war.

Er setzte mich wieder auf den Sessel und ging zu seinem Bett. Ich legte den Kopf schief und sah ihm zu, während er den Zettel auseinander faltete und sie das Medallion ansah. Ich merkte, wie er versteinerte. Etwas zu schnell sprang ich auf und ging, oder humpelte, zu ihm rüber. Seine Hand war völlig verkrampft. Langsam löste ich einen Finger nach dem anderen. "Was ist passiert?" Ich konnte mir seinen Umschwung nicht erklären. Eben noch war noch ein Ansatz guter Laune zu erkennen aber jetzt.. Ich sah genauer hin, und merkte, dass sich in seinen Augenwinkeln Tränen gesammelt hatten. "Damon?", fragte ich unsicher und flüsterte es eher. "Rede mit mir, bitte."

Ganz mit mir und Katherine beschäftigt bemerkte ich nur gedämpft und erst kurz bevor sie neben mir stand und meine Hand versuchte zu entkrampfen, dass Katie zu mir herüber gekommen war.
"Was ist passiert? Damon? Rede mit mir, bitte.", flüsterte sie unsicher und ich nahm es kaum war. Nur wie durch Watte. So gedämpft. Mein Verstand schien sich fast auszuschalten da wieder so viele Gefühle auf mich einprasselten und ich ihn unbedingt standhalten wollte. Doch es klappte einfach nicht. Ich war schon zu sehr gebrochen. Auch wenn die letzten Minuten wirklich nichts davon zu merken war. Ich war endlich wieder fröhlich gewesen. Doch jetzt...
Tränen sammelten sich weiter in meinen Augenwinkel als ich Katie das Medalion zeigte und somit das Bild von mir und Katherine.
"Du kennst sie doch. Du bist ihr begegnet. Hat sie dir etwas über mich erzählt?", fragte ich mit leerer Stimme und sah sie an.

Er zeigte mir ein Bild von sich und Katherine. Es sah ziemlich alt aus. "Ob sie.." Ich überlegte kurz, erinnerte mich an den Tag, an dem ich Katherine im Wald begegnet war. "Sie sagte, du und dein Bruder, ihr wärt beide ihre Ex-Freunde." Ich erinnerte mich auch daran, dass sie sagte, es wäre besser, wenn er sich nicht an mich erinnere und es ihr auch ziemlich egal sei. Aber das sagte ich ihm lieber nicht, nicht jetzt, wo er wegen ihr so mies drauf war.

Ich wartete geduldig als Katie sich versuchte zu erinnern und hörte ihr dann aufmerksam zu, im zu erfahren was sie schon über die Dinge zwischen mir und Katherine wusste. Aber auch in der Hoffnung, dass sie gesagt habe, dass sie mich liebt. Doch das war wohl nicht der Fall gewesen.
"Hm. Das reicht wohl auch schon um dir das hier zu sagen: Ich liebe sie immernoch." Ein trauriges Lächeln stahl sich auf meine Lippen als ich den letzten Satz aussprach. Jedes Mal wenn ich daran dachte wurde mir klar wie unmöglich es war zu versuchen sie einfach zu vergessen. Auch wenn cih versuchte mir einzureden sie nicht mehr zu lieben. Und jetzt, da ich es sogar laut aussprach wurde alle Hoffnung sie zu vergessen in mir gebrochen und innerlich verblutete ich förmlich daran.
"Und sie hat dir nicht gesagt was sie für mich empfindet? Überhaupt nichts?", fragte ich dann verzweifelt. Ich drehte mich zu Katie und sah ihr verzweifelt in die Augen. "Bitte sag es mir. Egal was se gesagt hat.", flehte ich schon fast. Dachte aber nicht daran einfach meine Kräfte einzusetzen und sie so dazu zu bringen.

"Nein." Ich schüttelte den Kopf. "Nichts in der Richtung." Ich rang mich dazu durch, ihm auch den Rest zu erzählen. "Sie hat mich gefragt, ob ich dich kenne und ich hab ihr gesagt, dass ich dich nur ein Mal getroffen hatte. Sie meinte, es wäre besser, wenn du dich nicht an mich erinnern könntest und das es ihr eigentlich auch egal sei. Aber das war vermutlich eher auf mich bezogen. Immerhin, was interessiert sie ein kleines Mädchen, was sie erst seit ein paar Minuten kannte?"
Natürlich liebte er sie noch, das war mir jetzt mehr als deutlich. Wegen ihr hatte er sich so betrunken. "Du musst sie suchen, Damon. Sag ihr, was du für sie empfindest. Egal, wie sie reagiert. Sonst war das nicht das nicht das letzte Mal, das ich dich nach Hause bringen musste", fügte ich mit einem Lächeln hinzu. In der Hinsicht war es praktisch, eine Psychologenmutter zu haben.

Erst verneinte sie meine Frage, erzählte dann aber doch noch etwas was Katherine zu ihr gesagt hatte. Jedoch half mir dies auch nicht wirklich weiter: "Sie hat mich gefragt, ob ich dich kenne und ich hab ihr gesagt, dass ich dich nur ein Mal getroffen hatte. Sie meinte, es wäre besser, wenn du dich nicht an mich erinnern könntest und das es ihr eigentlich auch egal sei. Aber das war vermutlich eher auf mich bezogen. Immerhin, was interessiert sie ein kleines Mädchen, was sie erst seit ein paar Minuten kannte? Du musst sie suchen, Damon. Sag ihr, was du für sie empfindest. Egal, wie sie reagiert. Sonst war das nicht das nicht das letzte Mal, das ich dich nach Hause bringen musste." Nach dieser kleinen Rede lächelte sie mich schließlich an und ich rang mich dazu durch sie auch anzulächeln. Das Lächeln berührte aber nicht meine Augen, das spürte sogar ich selbst.
Ihre Worte ergaben irgendwie einen Sinn, doch irgendwie auch nicht. Ich wusste in diesem Moment ohnehin nicht was ich noch denken oder tun sollte. Also beschloss ich einfach auf sie zu hören. Was hatte ich denn noch zu verlieren? Alles was ich liebte hatte ich doch schon verloren. Wie sollte ich es also noch einmal verlieren? Ich konnte es nur zurückgewinnen. Doch schon kurz nachdem ich diesen Entschluss gefasst hatte machte es auch schon wieder dieser kleine Satz zunichte: "Ich weiß doch gar nicht wo sie ist. Nicht im geringsten. Wie soll ich sie denn finden?"
Leider kam ich erst wieder auf den Gedanken, dass ich ein Vampir war, als ich den Satz schon ausgesprochen hatte und so konnte ich ihn schlecht wieder einfach so zurücknehmen. Dennoch versuchte ich mein bestes von ihm abzulenken und versuchte wieder etwas hoffnungsvoller auszusehen als ich sagte: "Egal. Irgendwie finde ich sie schon. Und du bist nicht nur einfach ein kleines Mädchen was ich vergessen habe." Bei dem letzten Satz war mein Lächeln wirklich ehrlich und ich trat einen Schritt näher an sie heran, nahm sie in meine Arme und umarmte sie kurz. "Danke...", murmelte ich.
Und ich wusste nicht mehr was in der letzten Zeit mit mir los war. Ich war so anders. Viel netter als sonst. Fast ein anderer Damon. Noch nie hatte mir ein Mensch etwas bedeutet. Ich war froh ihr begegnet zu sein. Irgendwie hatte sie es geschafft mich aus dieser Hilflosigkeit zu ziehen in die ich wegen Katherine geraten war.

Ich erwiderte seine Umarmung kurz. Dann wand ich mich aus seinen Armen. "Ich werd dran denken, dass ich nicht das vergessene Mädchen bin, wenn ich morgen früh auf dich warte." Ich tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust. "Solltest du mich stehen lassen, ist Katherine dein geringstes Problem, glaub mir." Ich lachte. "Ich denke, ich sollte jetzt nach Hause gehen. Oder in meinem Fall eher humpeln. Danke dafür." Ich hob meinen Fuß leicht an und lächelte. "Durch die Hintertür nehm ich an?"

"Das glaube ich dir gern. Aber ich werde dich nicht stehen lassen.", sagte ich lachend als sie mir mit dem Zeigefinger auf der Brust rumstocherte.
Und vor ein paar Minuten hätte ich wohl noch darauf bestanden sie noch nach Hause zu bringen, doch jetzt konnte ich nur noch an Katherine denken und wollte unbedingt zu ihr. Auch wenn es mir jetzt etwas leid tat sie jetzt mit diesem Fuß laufen zu lassen.
"Okay. Aber pass auf dich auf und belaste deinen Fuß nicht zu sehr. Wenn etwas ist oder es wirklich nicht geht: Denk an meine Nummer.", sagte ich bevor ich meine Zimmertür öffnete um mit ihr zusammen wenigstens noch das Haus zu verlassen. In einer Hand immernoch die Kette mit dem Medalion.
Als ich die Tür geöffnet hatte ging ich wieder zu Katie die noch an meinem Bett stand und hob sie wieder hoch, machte mich daran sie noch bis zur Tür zu tragen.
Bevor ich die Tür wieder mit meinem Fuß hinter uns schloss flüsterte ich noch: "Und ja, durch die Hintertür." Mein Lächeln war nun wieder zurück und ich war entschlossen Katherine zu finden und sie zurückzugewinnen.
Schließlich ging ich still und darauf bedacht möglichst keine Geräusche zu machen mit Katie in meinen Armen zur Hintertür hinaus und stellte sie dort wieder sanft auf ihre eigenen Füße. Sie stützend lief ich noch ein Stück mit ihr bis zu meinem Auto. Dort verabschiedeten wir uns.
"Ich werd mich jetzt sofort auf die Suche nach ihr machen. Und nochmals: Wenn etwas ist ruf einfach an, okay? Wenn nicht, dann bis morgen.", sagte ich noch und stief dann in meinen Wagen, krubelte das Fenster herunter.
"Ich werde dich nicht vergessen." Ich zwinkerte und grinste sie noch einmal an in meinem Hoch der Gefühle das ich die letzten Tage nicht mehr gehabt hatte. Jetzt kam ich mir sogar etwas zu übertrieben fröhlich vor, doch das lag wohl eher daran, dass vorher so fiel gute Laune zurückgedrängt wurde. Das würde sich schon wieder normalisieren.
Im Auto wartete ich dann noch bis Katie ein Stück gegangen war. Fast wäre ich ihr doch noch hinterher um ihr zu helfen, tat es dann aber doch nicht.
Da ich das Fenster noch immer unten hatte konnte ich problemlos herausfinden von wo aus Katherines frischeste Spur hinführte und folgte ihr.

tbc: Virginia Beach

Er trug mich nach unten und brachte mich noch ein Stück durch den Wald. Als er sich in seinen Wagen setzte, hielt ich mich zurück, da ich nicht wie ein nerviges, überfürsorgliches kleines Mädchen klingen wollte. Aber ich sah es trotzdem etwas skeptisch dass er jetzt Auto fahren wollte, nachdem er so viel getrunken hatte. Ich stützte mich kurz am Rahmen ab und nickte, als er sagte, ich sollte anrufen, wenn was sei. Ich wurde mir der Tatsache, dass die Serviette mit seiner Nummer in meiner Tasche lag, wieder bewusst. "Bis morgen", sagte ich lächelnd und drehte mich in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Bei meinem Orientierungssinn hoffte ich inständig, ich würde nach Hause finden, bevor mein Fuß mir den Dienst versagte.

[tbc. Haus von Katherine Claire Waldorf - Flur]